Die Karawane zieht weiter...
Dritter Tag der Nackt unter Kannibalen Tour und es verschlug mich nach Ostfriesland, wo sie im kleinen, verschlafenen Städtchen Leer auftreten sollten.
Unterwegs irgendwo durch Zufall auf den Bandbus zu treffen, schien aussichtslos. Ich überlegte einen Moment, es wie am Vortag zu machen, dachte aber mit Schrecken daran, wie kläglich ich gescheitert war und verlegte mich auf einen anderen Plan.

Ich hatte ja gestern bereits von einem schlimmen, schlimmen Verdacht gesprochen. Der war weiterhin in mir gereift, aber ich brauchte nach wie vor Beweise. Und die wollte ich heute bekommen, koste es, was es wolle!

Am Zollhaus angekommen gelang es mir durch einen raffinierten Trick (ihr werdet verstehen, dass ich hier nicht alles verraten kann – Berufsgeheimnis und so...), mich in den Hinterbühnenbereich zu mogeln. Einmal dort angekommen konnte ich mich relativ frei bewegen und umsehen. Das musste natürlich weiterhin heimlich passieren, damit niemand Verdacht schöpft!


Plötzlich öffnete sich eine Tür und D. kam heraus. Zum Glück war er aber mit Telefonieren beschäftigt und beachtete mich gar nicht weiter. Aus der sich hinter ihm schließenden Tür drangen Stimmen, und bei genauerem Hinhören erkannte ich auch, wer da sprach. Das waren Nackt unter Kannibalen. Mein Herz schlug bis zum Hals. Ich war nur wenige Meter von ihnen entfernt, und dennoch sah ich keine Chance, dort hinein zu kommen.

Rasch riss ich meine Kamera aus der Tasche und fotografierte wenigstens die Tür von außen.

Mein bereits erwähnter Verdacht geriet ins Wanken, denn dass das, was ich annahm, sich hinter solch einer Tür verbarg (das sah ja eher aus wie eine Abstellkammer), war schwer vorstellbar. Aber man hat ja bekanntlich schon Pferde vor einer Apotheke... dingenskirchen...

Da ich heute noch eine weite Strecke bis nach Rostock zurückzulegen habe, muss ich mich diesmal im Weiteren etwas kürzer fassen. Auch in Leer wagte ich mich wieder in die tobende Menge, hatte aber meine Rechnung ohne die Ostfriesen gemacht, die sich schon vor dem Konzert am draußen aufgestellten Bierstand bedient hatten und nun völlig außer Rand und Band waren. Es wollte mir einfach nicht gelingen, einen ruhigen Standpunkt zu finden, um vielleicht ein Foto zu schießen. Was aber noch viel schlimmer war, waren die subtropischen Verhältnisse, die im Zollhaus herrschten. Meine Kamera war binnen Sekunden derart beschlagen, dass an ein scharfes Foto nicht zu denken war. Nach einem einzigen Versuch, den ich hier natürlich trotzdem abbilden möchte, gab ich es auf.

Nach dem Konzert schlich ich wieder um das Zollhaus und entdeckte schließlich sogar den Bandbus, der aber bereits dabei war, abzufahren.

Das Foto musste ich unauffällig aus der Hüfte machen, darum ist leider nicht allzu viel darauf zu erkennen. Aber wie ein Bus aussieht, weiß ja wohl fast jeder. Einen Blick auf die Band zu erhaschen war unmöglich, denn D. ging um das Fahrzeug herum, bis es vom Parkplatz fuhr. Ich war – ich gebe es ungern zu – wieder mal zu spät. Verdammt. Deshalb kann ich leider auch heute noch keinen Beweis für meinen Verdacht erbringen und muss euch auf übermorgen vertrösten. Beim Rostock-Konzert werde ich mich geschickter anstellen. Versprochen.